Die Unwetterkatastrophe vom 29./30. Mai 1931 in Ober- und Unterendingen

(Quelle: 'Die Botschaft' - Nr.63, 1. Juni 1931, Bürli AG Druck Kommunikation Medien)

Ober- und Unterendingen haben ebenfalls durch Wasser und Hagel stark gelitten. In Unterendingen wurde das Wasserreservoir vom Berg ins Dorf getragen.

(Quelle: 'Die Botschaft' - Nr.64, 3. Juni 1931, Bürli AG Druck Kommunikation Medien)

Oberendingen. (Korr.) Auf unserer holperigen Welt löst ein Rekord den anderen ab; sogar noch bei Hochwasserkatastrophen. Unsere älteren Leute erzählen uns immer von der denkwürdigen Überschwemmung, die im Jahr 1881 auch unser Dorf heimsuchte. Damals sei der Wasserspiegel z.B. bei dem Brunnen vor dem "Schützen" bis an die Brunnenröhre herangekommen. Am letzten Samstag nun anlässlich des "50-jährigen Jubiläums" wurde dieser bisherige Rekord um gut einen halben Meter übertroffen.
Was dieses für die Gemeinde bedeutete, mögen einige schwache Zahlen dartun.
Um die 50 Keller waren mit Wasser gefüllt, die Fässer schwammen umher und der Inhalt war grösstenteils vernichtet.
In zirka ein Dutzend Wohnungen drang das Wasser in die Stube, Küche, Kammern; verwüstete die Möbel und hinterliess eine 10cm dicke Schlammschicht.
In etwa 10 Stallungen stand das Vieh im Wasser und konnte nur mit grösster Not aus diesem entfernt werden.
Mehr als 50 Jucharten Heugras der Surb und Bächen entlang sind vernichtet. Von den überschwemmten Gärten und anderen gewaltigen Schäden wollen wir lieber schweigen. Möge nun die ersehnte Bundeshilfe wirklich eintreffen und an den richtigen Orten verwendet werden.

Einer weiteren Korrespondenz aus Endingen entnehmen wir noch:

Im ganzen Dorf wurden 71 Keller vollständig mit Wasser gefüllt und verschlammt. In zwei Wirtschaften stand das Wasser in der Gaststube 20 bis 80cm hoch. Eine Bäckerei stand tief unter Wasser, die andere war ebenfalls überschwemmt. Wohnungen im Parterre wiesen eine ganze Anzahl einen Wasserstand von 20 bis 50cm auf. In einem Spezereigeschäft, in der Spenglerei sowie in der Drogerie wurden sämtliche Verkaufs- und Vorratsräume tief unter Wasser gesetzt.
Nur mit Mühe konnte ein Knabe dem wütenden Element entrissen werden.
Die Kulturen rings ums Dorf, ganz besonders in der Talsohle, befinden sich in einem traurigen Zustande. Gras und Getreide liegen am Boden, Äcker und Wiesen sind mit Erdschutt, Schlamm und Steinen überfüllt. Im Dorfe selbst ist beinahe kein Garten mehr, der nicht vollständig verschlammt wäre. Die Einfriedungen der Gärten, sogar solche mit Zementsockeln sind eingedrückt und zerbrochen. Ebenso sind sämtliche Hausplätze tief verschlammt. Die Strassen sind alle aufgerissen und weisen bis 100cm tiefe Löcher auf.
Der Schaden an Land und Kulturen, sowie an Strassen ist bis heute noch nicht endgültig abgeschätzt worden, ebenso ist man heute noch nicht in der Lage eine genaue Schätzung des angerichteten Materialschadens anzugeben, ging doch in den Lagerräumen der Mühle sehr viel Weizen, in den Kellern der Wirtschaften sehr viel Wein und in den Vorratsräumen und Kellern der verschiedenen Geschäfte die Spezerei- und Kunstdüngervorräte zugrunde. Ganz besonders hat unsere Gemeinde einen erheblichen Gebäudeschaden erlitten.
Der Gesamtschaden unserer Gemeinde wird über 100'000 SFr. zu bewerten sein. Staatliche Hilfe ist notwendig und wurde bereits zugesichert. Die Regierung, vertreten durch den Landammann Zaugg und Baudirektor Stubler besuchte bereits am vergangenen Samstag die schwer heimgesuchte Gemeinde.

Folgende 4 Bilder stammen aus dem Buch 'Endingen, Bilder aus vergangenen Zeiten'
Dr. Karl Weibel, Endingen,1991


Die Surb hatte das Bett verlassen und wälzte sich durch die Marktgasse


Der Lochbach staute sich zurück in die Weidgasse


Rückstau des Lochbaches


Entsorgung der Kanalisation bei der neuen Postautogarage Oberendingen



Juni 2007, Kai Kobler